Schuldgefühle, Schuld, Scham und Hilflosigkeit

Schuld und Schuldgefühle sowie Scham spielen nach traumatischen Belastungen eine große Rolle.

Schuldgefühle

Schuldgefühle treten bei Beteiligten nach nahezu jeder Krise/jedem Unfall/ jedem traumatischen Ereignis auf. 
Schuldgefühle können nach traumatischen Ereignissen helfen, Hilflosigkeit abzuwehren und ein Gefühl von Kontrolle wiederherzustellen. „Wenn ich nur besser aufgepasst hätte“ impliziert, dass mir das nie mehr passieren wird, wenn ich zukünftig nur besser aufpasse. Schuldgefühle sind eine menschliche/psychische Schutzfunktion und sollten von Helfenden nicht vorschnell abgetan werden. 
Schuldgefühle sind das persönliche Empfinden einer Person und nicht durch Aussagen wie „Du brauchst ja keine Schuldgefühle haben deswegen“ auflösbar.

Schuld

Ob jemand Schuld an einem Ereignis hat, wird ein Gericht beurteilen (z.B. wird bei einem Autounfall eine nachweisbare feststellbare Schuld gegeben sein, wenn jemand bei Rot über die Ampel fährt und dadurch den Tod eines Menschen verursacht) – unabhängig von der Schuldfrage ist davon auszugehen, dass auch starke Schuldgefühle vorhanden sein können (aber nicht müssen).

Scham

Schamgefühle entstehen, wenn jemand eine negative Selbsteinschätzung von sich selbst hat. Dies führt dazu, dass sich Menschen, die sich schämen, zurückziehen oder schweigen. 
Scham soll verhindern, dass ich mich bloßstelle oder etwas sage, das andere bewerten und das sich dann wiederum negativ auf meinen Selbstwert auswirkt.
Kinder schämen sich oft, wenn Angehörige sterben und möchten nicht, dass in der Schule darüber gesprochen wird!

Hilflosigkeit 

Hilflosigkeit entsteht, wenn Menschen das Gefühl haben, die Vorgänge in ihrer Umgebung nicht mehr kontrollieren zu können. Jeder von uns ist darauf bedacht, in seinem Leben Kontrolle über Ereignisse zu behalten (auch wenn dies im Grunde genommen unmöglich ist). 
Wenn jemandem ein traumatisches Ereignis widerfahren ist oder jemand z.B. in einen Unfall verwickelt wurde, kann diese Person das Gefühl der Kontrolle dadurch verlieren (ich habe zwar aufgepasst, aber jemand ist mir hineingefahren und hat mich verletzt – in diesem Moment merkt die Person, dass sie über gar nichts Kontrolle hat).
Deshalb ist es in Krisensituation besonders wichtig, den Betroffenen ein Stück ihrer Kontrolle zurückzugeben. 
In einer akuten Krisensituation können dabei schon Kleinigkeiten helfen – sogar nur durch die Sprache - indem Entscheidungsfreiheiten und Wahlmöglichkeiten angeboten werden: „Möchten Sie mir erzählen, was passiert ist?“ „Möchten Sie eine Decke?“ „Möchten Sie sich lieber hinsetzen? Möchten Sie ein Glas Wasser oder einen Tee? Kann ich für Sie jemanden verständigen? Allein durch diese angebotene Wahlmöglichkeit kann ich in kleinen Dingen umgehend wieder Kontrolle in meinem Tun erlangen. 
Über einen langen Zeitraum erfahrene Hilflosigkeit (erlernte Hilflosigkeit) vermindert jeglichen aktiven Lösungsversuch von betroffenen Personen. 

(vgl. Krisenkompass, Schulverlag plus AG 2011, Handbuch für Lehrkräfte, Heft "Hintergrund", Kapitel 7+8)